Ferry Morid hatte viele Berufe. Er kam Ende der siebziger Jahre nach Kiel, um Ingenieurwissenschaften zu studieren. Im nächsten Jahr schon, so versicherten sich die iranischen Studentinnen und Studenten gegenseitig, werde das Regime des Ayatollah Khomeini zusammenbrechen und dann würden sie in den Iran zurückkehren. Doch das Regime hatte Bestand und Ferry Morid verlängerte seinen Aufenthalt in Deutschland ein ums andere Jahr. Er heiratete eine iranische Kommilitonin, die in Kiel Pharmazie studierte und eine Apotheke eröffnete. Er selbst machte aus seinem Studentenjob einen Beruf, eröffnete zuerst ein Restaurant, dann noch eins und bald so viele in verschiedenen Städten Schleswig-Holsteins, dass er früh aufstehen musste, um im Laufe eines Tages überall nach dem Rechten zu sehen, und spät ins Bett fiel. Seine beiden Töchter sah er selten. Als er beschloss, kürzer zu treten und die Restaurants zu verkaufen, wuchs ihm ein zweiter Beruf zu. Er übersetzte für geflüchtete Menschen, die neu nach Deutschland kamen, wurde immer häufiger angefragt und vom Oberlandesgericht Schleswig als Dolmetscher und Übersetzer vereidigt. Seit 2015 hat er vielen geholfen, im Kreis Rendsburg-Eckernförde Fuß zu fassen. Er ist ein geselliger Mensch und spielt auch jetzt noch, mit nachlassenden Stürmerqualitäten, aber gewachsenem taktischen Geschick, in einer Fußballmannschaft. Traurig stellt er fest, dass er heute in Deutschland mehr als Ausländer betrachtet und angesprochen wird als vor dreißig Jahren. Trotzdem sei sein Leben schön gewesen, reich an Arbeit und an Erlebnissen. Nur das Leid der vielen Menschen, die er als Übersetzer kennenlernte, laste auf ihm.
Ein Interview mit Ferry und einen Song über ihn von Janeway gibt es hier:
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